Des Krieges ödendes Entsetzen

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Des Krieges ödendes Entsetzen
Die Duanen
Ich kriege di doch
Kumm wie wilt es hin
Wo ist Erpen geblieben?
Wat jung es

"Des Krieges ödendes Entsetzen,

Das durch Verwüsten höher stieg;

Riß durch das Herz von Deutschlands Staaten"

So dichtete der Osnabrücker Staatsmann Justus Möser zur hundertjährigen Wiederkehr des Westfälischen Friedens 1748.

Auch in Erpen und im ganzen Kirchspiel Dissen forderte der Dreißigjährige Krieg seinen Tribut. Davor wurde ein beachtlich guter wirtschaftlicher Stand der Erpener Bauern verzeichnet. Dazu gehört auch, daß 1609 fast alle Erpener Schützen schon Büchsen besaßen, obwohl teilweise nur Hellebarden und kurze Jagdspieße (Jürjäger/Vorjäger) zur Anschaffung befohlen wurden.

Während des Kriegs lagerten im März 1621 für vier Tage 2.000 niederländische Reiter unter anderem auch in Dissen. 1623 durchzog Herzog Christian von Braunschweig, der "tolle Halberstädter", mit seinen Horden das Kirchspiel, blieb drei Tage bei Iburg und sog die Umgebung durch Nahrungsmittelforderungen bis zur Verarmung aus. Die Kirchspiele Dissen, Hilter, Laer, Glandorf und Hagen wurden gänzlich ausgeraubt.

Im April 1624 wurde der Sohn des Dissener Bauern Bruning von spanischen Soldaten gefangen genommen, und erst nach der Zahlung eines Lösegelds wieder frei gelassen. Bei einem Schußwechsel dabei gab es Tote und Verletzte.

Das Steuerwesen war durch die Kriegsereignisse, die Plünderungen und Erpressungen völlig zusammengebrochen. 1623 und auch 1624 konnte das Kirchspiel Dissen keine Steuern zahlen.

In den Jahren 1575 bis 1623 herrschten evangelische Bischöfe in Osnabrück.

1623 trat aber der neue Fürst im Hochstift Osnabrück, der im Alter von gut einem halben Jahr gewählte Bischof Eitel Friedrich von Hohenzollern-Sigmaringen als streng katholischer Landesherr an. Mit ihm setzte die Gegenreformation ein, die er mittels Visitationen und Amtsenthebungen der lutherischen Pastoren rigoros durchsetzte. Die Visitationen erfolgten 1624/25 in 54 Kirchspielen. Von seinem sorgfältigen, nichts auslassenden Besuch beim Pfarrer Rupe in Laer berichtete der Generalvikar Lucenius beispielsweise, daß er die Kirche vorgefunden habe, "so daß man wahrlich von einem Saustall sprechen kann. In seinem Schlafzimmer waren mehrere irrgläubige Bücher und Mieder seiner unrechtmäßigen Frau. In seinem Bett waren zwei Liegestellen zu erkennen, die sich durch ausgedrückte Gruben abzeichneten. Erbarme dich, Herr, erbarme dich!"

1626 berührten Tillys Scharen unsere Gegend, und das Blankartsche Regiment plünderte im Juli das Dorf und die Kirche in Dissen. 1627 lagerten abermals kaiserliche Truppen in Dissen, und bei ihren Räubereien ging der Meierhof mit allem Inventar in Flammen auf.

Den lagernden Regimentern mußte so viel Brot, Bier und Getreide geliefert werden, daß manche Familien nichts mehr zu essen hatten. Das Kirchspiel Dissen konnte auch 1632 wieder keine Steuern zahlen; es war völlig zahlungsunfähig.

So lösten Brandschatzung und Plünderung einander ab, bis 1634 die lutherischen Schweden festen Fuß faßten.

Die Schrecken eines Überfalls im Dreißigjährigen Krieg schilderte der Simplicius Simplicissimus im gleichnamigen Buch von Hans Jakob Christoffel von Grimmelshausen 1668 literarisch sehr eindrucksvoll:

"Das erste, das diese Reuter taten, war, daß sie hre Pferd einstellten, hernach hatte jeglicher seine sonderbare Arbeit zu verrichten, deren jede lauter Untergang und Verderben anzeigte, denn obzwar etlichen anfingen zu metzgen, zu sieden und zu braten, daß es sah, als sollte ein lustig Bankett gehalten werden, so waren hingegen andere, die durchstürmten das Haus unten und oben, ja das heimliche Gemach war nicht sicher, gleichsam ob wäre das gülden Fell von Kolchis darinnen verborgen; Andere machten von Tuch, Kleidungen und allerlei Hausrat große Päck zusammen, als ob sie irgends ein Krempelmarkt anrichten wollten, was sie aber nicht mitzunehmen gedachten, wurde zerschlagen, etliche durchstachen Heu und Stroh, als hätten sie nicht Schaf und Schwein genug zu stechen gehabt hätten, etliche schütteten die Federn aus den Betten, und fülleten hingegen Speck, andere dürr Fleisch und sonst Gerät hinein, als ob alsdann besser darauf zu schlafen gewesen wäre; Andere schlugen Ofen und Fenster ein, gleichsam als hätten sie ein ewigen Sommer zu verkündigen, Kupfer und Zinnengeschirr schlugen sie zusammen, und packten die gebogenen und verderbten Stück ein, Bettladen, Tisch, Stühl und Bänk verbrannten sie, Hafen und Sschüssel mußten endlich alles entwei; UnserMagd ward im Satt dermaßen traktieret, daß sie nicht mehr daraus gehen konnte; Den Knecht legten sie gebunden auf die Erd, stecketen ihm ein Sperrholz ins Maul, und schütteten ihm einen Melkkübel voll garstig Mistlachenwasser in Leib, das nenneten sie ein Schwedischen Trunk. Da fing man an, der Bauren Daumen auf die Pistolen zu schrauben, und die armen Schelmen so zufoltern, maßen sie auch einen von den gefangenen Bauren bereits in Backofen steckten; einem anderen machten sie ein Seil um den Kopf und reitelten es mit einem Bengel zusammen, das ihm das Blut zu Mund, Nas und Ohren heraus sprang. Von den gefangenen Weibern, Mägden und Töchtern weiß ich sonderlich nicht zu sagen, weil mich die Krieger nicht zusehen ließen, wie sie mit ihnen umgingen: Das weiß ich noch wohl, daß man teils hin und wider in den Winkeln erbärmlich schreien hörte, schätze wohl, es sei meiner Meuder und unserm Ursele nit besser gangen, als den anderen."

 

Für Erpen war der Dreißigjährige Krieg zwar schon weitgehend 1631/32 beendet, er hatte aber ein teilweise stark zerstörte Äcker und Häuser hinterlassen. In den folgenden Jahren herrschte in den verwüsteten Höfen und Kotten große Armut. Viele Familienväter zogen als "vagabundi" durch das Land, um sich und ihre Familie zu ernähren. Die Kiepenkerle haben hier ihre Wurzel.

Trotz der großen Armut konnten Kollekten für kirchliche Belange aber erfolgreich durchgeführt werden. 1643 sammelte der Dissener Pastor Veltmann Geld für die zerstörte Glocke der Dissener Kirche, und zusammen mit den Spenden der Nachbarkirchen aus Iburg, Glane, Hagen, Kloster Oesede, Wellingholzhausen, Melle, Neuenkirchen, Bissendorf, Borgholzhausen und Halle brachte er die mehr als 306 Taler zusammen, die für den Guß einer neuen Glocke ausreichten.

Bis in die sechziger Jahre erholte sich unser Land kurzfristig; die Menschen konnten aufatmen und hatten ihr Brot zu essen. Schon 1657 wurde ein Schützenfest mit dem traditionellen Vogelschießen aus dem Mittelalter gefeiert.

Nach dem Krieg bestimmten die Westfälischen Friedensverträge, daß die Regierung des Hochstifts Osnabrück abwechselnd durch katholische (meist aus dem bayerischen Haus Wittelsbach) und evangelische Fürstbischöfe (aus dem Welfenhaus Braunschweig-Lüneburg/Hannover) zu erfolgen habe (Alternation) . Diese Regelung blieb bis 1802 in Kraft.

Beispielsweise wurde 1661 Herzog Ernst August von Calenberg - Hannover zum Bischof von Osnabrück, der spätere erste Kurfürst von Braunschweig-Lüneburg. Er wohnte zunächst auf der Iburg und war verheiratet mit Sophie von der Pfalz, die als Enkelin Jacobs. I. von England die Anwartschaft auf den englischen Thron mitbrachte. Diese Ehe verbindet Iburg mit dem europäischen Hochadel, denn deren Sohn wurde als Georg I. im Jahr 1714 englischer König, die Tochter Sophie Charlotte Preußens erste König, der Ururenkel König von Hannover. Zudem war Sophies Nichte die resolute Liselotte von der Pfalz, die heute noch berühmte Briefschreiberin, die auf der Iburg erzogen wurde, später den Bruder des französischen Sonnenkönigs Ludwig XIV. heiratete und die Ururgroßmutter des französischen Königs Louis Philipp war.

Das letzte Viertel des 17. Jahrhunderts war in wirtschaftlicher Hinsicht erneut schlecht. Das lag zum Teil an den steigenden Abgaben an den Kurfürsten wegen der Einrichtung eines Stehenden Heeres, des Baus der Schlösser in Osnabrücker und Herrenhausen mit seinem Barockgarten sowie der prunkvollen, aufwendigen Hofhaltung, zu der auch Reisen des gesamten Hofstaats zum Karneval und zur Oper nach Venedig gehörten.

Zur Geldbeschaffung der Kurfürsten gehörte auch der Verkauf zwangsrekrutierter Soldaten, irgendwo eingefangen im Land und verheizt in fremden Kriegen. Dieser Menschenhandel brachte zwischen 1775 und 1785 allein den Häusern Hannover und Braunschweig 1,15 Millionen Pfund Sterling ein.

Dazu kamen immer wieder Situationen wie die Mißernten 1690 und 1684 oder die drei Jahre dauernde Raupenplage ab 1682, bei der ein Finger lange, hochgiftige Prozessionsraupen vielen Tieren das Leben kosteten.

 

In einem Folgevertragzum Westfälischen Frieden wurde endgültig bestimmt, daß das Kirchspiel Dissen, unter anderem also auch Erpen, evangelisch-lutherisch sein würde, weil es bereits 1624 evangelisch war, wie Pastor Veltmann bezeugt hatte.

Zur evangelischen Konfession war das Kirchspiel schon um 1540 gekommen.

Im Bistum Osnabrück bildeten sich damals mit der Zeit konfessionelle Mischformen aus, bei denen eine genaue Trennung zwischen evangelisch und katholisch nicht möglich waren. Man nannte das "katholisch nach Art des Landes". Das hieß, daß die Pfarrer in der Regel katholisch geweiht waren, meistens verheiratet, daß deutsche Lieder im Gottesdienst gesungen wurden und die Wandlung mit dem Emporzeigen der Hostie beim Abendmahl entfiel. Dagegen blieben die Traditionen der katholischen Gewänder, der Zeremonien, der Altäre und Heiligenbilder erhalten .

Ab etwa 1540 spielten die Katholiken in Erpen zahlenmäßig keine Rolle mehr. 1634 gab es als einzigen katholischen Hof nur den Bauern Niehaus auf der Stöwwe im Strang. 1852 lebten in Erpen 10 Katholiken, die alle zum Gottesdienst nach Laer gingen. 1873 wurde der katholische St.-Elisabeth-Hospital-Verein in Osnabrück gegründet. In der Kapelle des Vereins in Rothenfelde fand dann erstmals wieder ein katholischer Gottesdienst im Kirchspiel Dissen statt. Bis 1930 nahm die Gemeinde erheblich zu und wuchs durch die Flüchtlinge nach dem 2. Weltkrieg enorm. Für die erstarkte Gemeinde und die Kurgäste wurde dann 1965 die St.-Ansgar-Kirche als katholische Gemeindekirche geweiht.